Quallen stören doch erheblich beim Baden, trotzdem gehören sie dazu, sind ein Teil der Natur und wir haben uns mit ihnen zu arrangieren.



Habt Ihr schon mal in Dänemark an der Ostsee Urlaub gemacht? Wenn man Pech hat und der Wind ungünstig steht, ist das Wasser voller Quallen. Ein Bekannter erzählte, wie er versucht hat, den dichten Quallengürtel zu untertauchen. Leider hatte er die Entfernung unterschätzt und tauchte mitten in einer Qualle auf. Schrecklich.
Normalerweise sah ich nur wenige Quallen in der Ostsee und machte dann vorsichtig einen Bogen um sie herum, auch wenn es harmlose Tiere waren. Aber ich mag sie einfach nicht. Doch eines Tages kam ich zum Strand und wunderte mich, warum keiner badete. Langsam tastete ich mich ins kalte Wasser, um mich daran zu gewöhnen. Plötzlich sah ich vor mir eine Riesenqualle, bestimmt in Schlapphutgröße. Obwohl ich vorher noch nie bewusste eine Feuerqualle gesehen hatte, wusste ich genau, dass es eine war. Entsetzt wich ich nach rechts aus, nur um vor der nächsten, noch größeren zu stehen, links schwamm auch eine. Egal wohin ich sah, überall waren diese riesigen orangefarbenen Feuerquallen. Sie umzingelten mich regelrecht. Verängstigt tastete ich mich im Schneckentempo im Zickzack durch diesen Feuerquallengürtel. Und war erleichtert, als ich endlich das rettende Ufer erreicht hatte. An diesem Tag ging ich nicht mehr schwimmen und verstand, warum die anderen Feriengäste sich lieber sonnten als zu baden. Seither achte ich immer vorher darauf, ob ich irgendeine Qualle im Wasser entdecke oder ob es ein besonders auffälliges Verhalten bei den anderen Strandbesuchern gibt.
Rena gerät in „Quallenalarm“ so wie ich damals in Panik und weiß nicht, wie sie sich retten soll. Die Geschichte ist in „Sonne, Strand und Federwolken“ nachzulesen.
„Nun komm schon. Ich muss mich abkühlen.“ Energiegeladen sprang Jessy auf und hielt Rena auffordernd eine Hand hin.
„Viel zu heiß“, murmelte Rena und schloss ihre Augen wieder. Sie war froh, dank des Strandkorbs im Schatten zu liegen und zu dösen. Bei dieser Hitze war jede kleinste Bewegung zu anstrengend. Wenn sie gewusst hätte, dass es an der Ostsee so heiß werden konnte, hätte sie auch gleich in die Tropen reisen können. Sie vertrug Sonne nicht, bekam sofort Kopfschmerzen, außerdem litt sie an einer Sonnenallergie. Sogar die teure Sonnencreme aus der Apotheke half nicht. Deshalb saß sie im Strandkorb unter einem Zelt aus Tüchern.
„Eben, deswegen will ich baden“, bestätigte Jessy.
„In der warmen Brühe?“, fragte Rena.
Doch Jessy gab nicht so schnell auf, sondern drängte sie so lange, bis Rena endlich aufstand und ihr folgte. Im flachen Bereich tobten kleine Kinder herum. Rena beeilte sich, in Jessys Nähe zu bleiben. Die war schließlich Rettungsschwimmerin und Rena traute sich nur mit ihr in die See. Sie selbst war froh, wenn sie nicht ertrank. In der Schule hatte sie jahrelang ihre gute Sportnote durch den Schwimmunterricht verdorben. Jessy begann zu schwimmen, während Rena sich an die Kälte gewöhnen musste. Dabei hatte die Ostsee sicher zwanzig Grad, aber die Luft war noch wärmer. Um Jessy nicht völlig zu verlieren, warf sich Rena todesmutig ins Wasser und paddelte wild hinterher. Doch was war das? Vor ihr trieb eine riesige Qualle. Rena hasste Quallen. Welche waren noch mal gefährlich? Egal, widerlich waren alle. Sie drehte ab. Auch daneben schwamm ein Wabbeltier. Vorsichtig tastete Rena nach dem Boden. Auf Zehenspitzen konnte sie gerade eben stehen. Ängstlich erkundete sie die Lage. Rundherum trieben rote Quallen in der Größe von Omas altem Sonnenhut.
„Hilfe, Jessy!“, schrie Rena. Leider hörte Jessy sie nicht, sondern entfernte sich unbeirrt weiter. Rena balancierte langsam auf Fußspitzen zurück. Immer eine sichere Lücke zwischen diesen ekligen Tieren suchend. Sie bewegte sich millimeterweise im Zickzack vorwärts.
„Hier ist eine freie Stelle“, sagte eine Stimme hinter ihr.
Rena wandte sich hastig um. Eine Welle brandete heran, riss sie von ihren Füßen und schwappte über ihren Kopf. Das Salzwasser brannte in den Augen und der Nase. Sie blinzelte. Ein paar Schritte vor sich sah sie menschliche Schemen. Jessy! Hilfesuchend stürzte sich Rena auf ihre Freundin und klammerte sich an deren Hals.
„Lassen Sie los. Sie erwürgen mich“, befahl jemand scharf.
Doch Rena hörte in ihrer Angst nichts mehr. Krampfhaft umschlang sie ihre vermeintliche Freundin mit Armen und Beinen.
„Wenn Sie nicht loslassen, ertrinken wir beide.“
Rena reagierte nicht. Erst als ihre Finger und Hände schmerzhaft aufgebogen wurden, kam sie zur Besinnung. Vor ihr befand sich ein bärtiges Männergesicht. Hilfe! Sie umarmte einen wildfremden Kerl. Wie peinlich!
Geschockt ließ sie los. Prompt ging sie unter und schluckte Wasser. Kräftige Arme zogen sie wieder an die Oberfläche. Prustend holte sie Luft. Der starke Mann trug sie zum Ufer, mitten durch die roten Feuerquallen. Am Strand setzte er sie ab. „Wenn man nicht schwimmen kann, sollte man sich nicht so weit in die See wagen.“
Glutrot im Gesicht beschloss Rena, die Bemerkung lieber zu überhören und sich bei ihrem Retter zu bedanken.
(…)
Leseprobe aus: „Sonne, Strand und Federwolken“
Zu beziehen bei Amazon, Thalia, Weltbild, Hugendubel, Buch.de, Bücher.de und ebook.de.